Haltung zeigen – Gegen Missbrauch und für die Würde der Menschen
Massnahmen der Katholischen Kirche Stadt Luzern für eine glaubwürdige Kirche
Wir sind uns bewusst, dass in den letzten Monaten oft die dunkle Vergangenheit der römisch-katholischen Kirche im Fokus stand. Dabei rückte in den Hintergrund, dass es noch eine andere Traditionslinie gibt: Jene, die das Gewissen, die Würde und Freiheit der Menschen respektiert und sich für eine offene und zeitgemässe Kirche engagiert. Hierfür stehen wir seit vielen Jahren ein.
Manifest von Luzern
Mit dem «Manifest von Luzern» forderten wir Bischof von Basel und alle Verantwortlichen auf, jetzt die dringend nötigen Kirchenreformen einzuleiten.
Wir setzen uns für Gleichberechtigung ein
Frauen bis Männer werden – soweit dies im Bistum Basel möglich ist – gleichberechtigt eingesetzt.
Prävention: Hohe Standards im Personalwesen
«Missbrauch und Vertuschung haben bei uns keinen Platz – weder sexuell noch spirituell – und deshalb werden seit vielen Jahren konsequent Präventionsmassnahmen umgesetzt», sagt Pastoralraumleiter Thomas Lang.
Haltung zeigen
Haltung zeigen heisst auch, für den synodalen Weg einzustehen. Das bedeutet, gemeinsam einen Weg für die Erneuerung der Kirche zu suchen. Davon ist Kirchenratspräsidentin Susanna Bertschmann überzeugt.
Häufige Fragen (FAQ)
Wie viele Missbrauchsfälle habt ihr in Luzern?
Wir wissen von einigen Fällen, die es leider auch in der Stadt Luzern gab. Den Betroffenen von sexuellem Missbrauch wurde grosses Leid zugefügt. Es sind alles Fälle, die mehrere Jahrzehnte zurückliegen und dem Bistum gemeldet wurden – deshalb sind sie uns bekannt. Weitere, allenfalls auch aktuelle Meldungen an Meldestellen wie die Opferhilfe Schweiz bleiben auch für uns unter Verschluss. Die gründliche und zügige Bearbeitung des Themas Missbrauchs in der katholischen Kirche ist uns ein Kernanliegen.
Wie seht ihr das mit der Aktenvernichtung?
Akten, die im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch stehen, dürfen nicht vernichtet werden. Mit dieser Meinung sind wir zum Glück nicht alleine.
Die Verantwortlichen der Bistümer und kantonalen Landeskirchen haben eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet. Damit verpflichten sie sich, entgegen den kirchenrechtlichen Vorgaben, künftig keine Akten mehr im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen zu vernichten. Der Text zur Selbstverpflichtung ist auf der Website https://www.missbrauch-kath-info.ch/ abrufbar.
Was macht ihr in Luzern genau gegen Missbrauch?
Das Wichtigste ist unsere gelebte Kultur: Missbrauch und Vertuschung haben bei uns keinen Platz – weder sexuell noch spirituell. Denn wir respektieren tagtäglich die Würde und Freiheit der Menschen und leben eine offene und glaubwürdige Kirche. Unsere Personaldossiers werden professionell geführt. Mit systematisch institutionalisierten Präventionsmassnahmen tun wir alles, um Missbrauch zu verhindern und dies bereits seit Jahren.
Diese Massnahmen erfüllen hohe Standards: Sie beginnen beim Bewerbungsgespräch, wo ein Strafregisterauszug für alle Mitarbeitende seit Jahren verpflichtend ist. Referenzauskünfte werden systematisch und detailliert eingeholt. Rückfragen zum Thema «Nähe und Distanz» sind in unseren Fragekatalog integriert. Im Rahmen von regelmässigen Weiterbildungen sowie Mitarbeitenden- und Team-Gesprächen thematisieren wir den richtigen Umgang mit Nähe und Distanz regelmässig.
Mehr zu den Präventionsmassnahmen: «Nähe und Distanz müssen thematisiert werden», Interview mit Pastoralraumleiter Thomas Lang
Wie ist der Stand der Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Basel?
Das Bistum Basel (zu dem wir gehören) hat eine offizielle unabhängige Meldestelle für sexuelle Übergriffe eingerichtet und den Stand der Meldungen vor und nach der Publikation der Missbrauchsstudie aufgearbeitet.
Stand 5. März 2024: Stand der Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Basel
Es ist geplant, Ende Juni wiederum zum aktuellen Stand der Aufarbeitung im Bistum zu orientieren.
Wie ist der Stand der Aufarbeitung des Missbrauchs in der Schweiz?
Seit der Publikation der Missbrauchsstudie am 12. September 2023 hat sich etwas bewegt – anderes nicht. Zu Letzterem: Zur Frage der Machtausübung, Sexualmoral und der Stellung der Frau gibt es bis heute (27. Mai 2024; siehe Link unten) keine Stellungnahme der Schweizerischen Bischofskonferenz.
Kurz zusammengefasst: National werden bestehende Massnahmen ergänzt und weiterentwickelt – zum Beispiel die Anlaufstellen für Betroffene von sexuellem Missbrauch. Neu werden Opferberatung, Meldestellen und Fallbearbeitung entflochten. Anfang 2025 sollen erste Neuerungen in Kraft treten, mit denen institutionelle Mängel angegangen werden.
Stand 27. Mai 2024:
- Zwischenbericht zur Umsetzung neuer Massnahmen gegen Missbrauch und dessen Vertuschung
- Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche Schweiz (Zwischenbericht der drei nationalen Institutionen der Schweiz, welche die Studie in Auftrag gegeben haben – die Schweizerische Bischofskonferenz SBK, Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz RKZ, Katholische Ordensgemeinschaften der Schweiz KOVOS)
Die kantonale Landeskirche Luzern zahlt dem Bistum Basel weniger Geld – wie ist hier der Stand?
Die Sonderkommission wird der Herbstsession einen Antrag über die Auszahlung der zweiten Hälfte des Bistumsbeitrags stellen. An der Frühlingssession am 15. Mai 2024 zog sie eine Zwischenbilanz. Eine unabhängige Stelle etwa, die Missbrauchsfälle entgegennimmt und untersucht, gibt es im Bistum Basel schon seit 2017. Kein Thema ist hier auch die Aktenvernichtung. Die «schwierigste Forderung» hingegen sei «die Anerkennung eines freien partnerschaftlichen Lebens auch für kirchliche Mitarbeitende». Die Kommission verwies auf die Bischofskonferenz, die dafür eine theologische Kommission eingesetzt habe.
Unsere Kirchenratspräsidentin Susanna Bertschmann schlug an der Synode als «einfaches Kriterium» für diesen Punkt das vor: Eine Erklärung des Bistums, wonach die Lebensform kirchlichen Personals bei der Anstellung keine Rolle spiele.
Zum Hintergrund: Das Kirchenparlament fasste im November 2023 als Reaktion auf die schockierenden Ergebnisse der Pilotstudie «Missbrauch» einen Beschluss. Danach ist die Hälfte des Luzerner Bistumsbeitrags 2024 (442‘000 Franken) davon abhängig, ob die Forderungen für die nötige Kirchenreform erfüllt werden. Eine Sonderkommission erhielt den Auftrag, dafür Kriterien zu erarbeiten.
Wann wird die Folgestudie veröffentlicht?
Die Resultate der Folgestudie (Projektdauer 2024 – 2026) werden in der ersten Jahreshälfte 2027 öffentlich präsentiert.
In der Folgestudie binden die Forschenden der Universität Zürich die Perspektive von Betroffenen und anderen Zeitzeug:innen verstärkt ein.
Wer bereit ist, mit dem Forschungsteam über sexuellen Missbrauch und den Umgang der Kirche damit zu sprechen, kann über folgende Adressen Kontakt mit den Forschenden aufnehmen:
- forschung-missbrauch@ hist.uzh.ch
- recherche-abus@ hist.uzh.ch
- ricerca-abusi@ hist.uzh.ch
Wo können sich Betroffene melden?
Betroffene können sich bei der Opferhilfe Schweiz melden.
Frauen als Priesterin – setzt ihr euch dafür ein?
Wir würden lieber schon heute als morgen eine Frau als Priesterin in Luzern willkommen heissen. Mit dem medial stark beachteten «Manifest von Luzern» forderten wir im November 2023 gegenüber Bischof Felix Gmür, dass sich die offizielle katholische Kirche sichtbar verändert, insbesondere hinsichtlich der Gleichstellung von Frau bis Mann und gegen Diskriminierung. Dafür stehen wir ein, und wir wiederholen dies wo immer möglich, auch auf bischöflicher Ebene, auch bilateral. Dieser Druck gilt es, zusammen mit den kantonalen Landeskirchen und der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz RKZ hochzuhalten.
Wie habt ihr es mit der Sexualmoral?
Wir sind hier liberal und leben entsprechende Werte. Geschiedene, homosexuelle, queere Theolog:innen und ehemalige Priester sind willkommen. Frauen bis Männer werden – soweit dies im Bistum Basel möglich ist – gleichberechtigt eingesetzt. In Leitungsaufgaben, im Erscheinungsbild und in der Liturgie achten wir auf ein möglichst ausgewogenes Miteinander.
Mit dem «Manifest von Luzern» haben wir öffentlich eingefordert, dass die kirchlich Mitarbeitenden ihr partnerschaftliches Leben frei wählen können. Wir wünschen uns, dass dieses von der Missio – dem bischöflichen Auftrag – entkoppelt wird. Wir wünschen uns als Katholische Kirche Stadt Luzern mehr Handlungskompetenz.
Segnet ihr in Luzern homosexuelle Paare?
Ja, wir segnen alle Menschen, die ihre Liebe unter den Schutz Gottes stellen möchten..
Wir würden uns freuen, wenn queere Menschen immer mehr entdecken, dass sie in der Kirche vor Ort – wie auch hier in Luzern – ein hohes Mass an Akzeptanz, Wertschätzung und Gleichberechtigung erleben können.
Wohin kann ich mich wenden für so eine Segnung?
Das ist ganz einfach: Schreib ein Mail an info@. kathluzern.ch
Wir werden uns umgehend bei dir melden.
«Manifest von Luzern»
Es war Mittwoch, der 8. November 2023. Hunderte von Menschen, auch aus anderen Kirchgemeinden des Kantons, versammelten sich frühmorgens auf dem Franziskanerplatz.
«Ein starkes Zeichen setzen und die Solidarität mit den von Missbrauch Betroffenen signalisieren», lautete die Parole des Kirchenrats der Kirchgemeinde Luzern. Das «Manifest von Luzern» wurde verteilt. Mit dieser Erklärung forderten die Teilnehmer:innen den Bischof von Basel und alle Verantwortlichen auf, jetzt die dringend nötigen Kirchenreformen einzuleiten.
Die konkreten Forderungen lauteten:
- Die Betroffenen sollen endlich Gerechtigkeit erfahren.
- Die Kirche soll sich strukturell und kulturell sichtbar verändern: für Menschenwürde und Transparenz, für die Gleichstellung von Frau bis Mann und gegen Diskriminierung.
- Alle Forderungen der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz RKZ (der Zusammenschluss der kantonalkirchlichen Organisationen) sind umzusetzen.
Die gleichentags stattfindende Herbstsynode der kantonalen Landeskirche beschloss aufgrund einer Motion, nur 50 Prozent des Bistumsbeitrags auszuzahlen. Die restlichen 50 Prozent sollen erst folgen, wenn das Bistum aufzeigen kann, dass die Forderungen verlässlich umgesetzt werden. Eine Sonderkommission überwacht, begleitet und unterstützt den Prozess.
Geschiedene, homosexuelle, queere Theolog:innen und ehemalige Priester sind willkommen
Die Ortskirche Luzern handelt im Rahmen der Weltkirche, wo sie handeln kann. So anerkennen die leitenden Gremien das partnerschaftliche Leben der Mitarbeiter:innen uneingeschränkt. Es ist Privatsache. Geschiedene, homosexuelle, queere Theolog:innen und ehemalige Priester sind willkommen. Frauen bis Männer werden – soweit dies im Bistum Basel möglich ist – gleichberechtigt eingesetzt. Etwas über die Hälfte unserer Mitarbeiter:innen sind Frauen. In Leitungsaufgaben, im Erscheinungsbild und in der Liturgie wird auf ein möglichst ausgewogenes Miteinander geachtet.
Im Frühling schloss sich der Pastoralraum Stadt Luzern mit seinen zehn Pfarreien der Reformbewegung «Allianz Gleichwürdig Katholisch» an. Sie kämpfen für eine gleichberechtigte, glaubwürdige und solidarische Kirche. «Unser Beitritt ist ein logischer Schritt», sagt Pastoralraumleiter Thomas Lang. «Die Frage, wie eine gleichwürdige Kirche in Luzern wachsen kann, wird bei uns im Pastoralraum immer wieder neu gestellt.»
Historisch gesehen nicht unbedeutend: In der Pfarrei St. Leodegar im Hof wurde mit Claudia Nuber erstmals eine Frau als Pfarreileiterin eingesetzt. Damit werden nach St. Maria zu Franziskanern und St. Josef – der MaiHof bereits drei Pfarreien von Frauen geleitet.
Ferner nahm die Katholische Kirche Stadt Luzern zusammen mit ihren Schwesterkirchen erneut an der Zentralschweizer Pride teil. «Queere Menschen dürfen entdecken, dass sie in der Kirche vor Ort ein hohes Mass an Akzeptanz, Wertschätzung und Gleichberechtigung erleben können», sagt Meinrad Furrer, Theologe und Leiter der Peterskapelle. So entstand unter anderem im Rahmen der Pride die «Queer-Bibel» – eine Bibel, die für queere Menschen ermutigende Texte hervorhebt und seither in der Peterskapelle aufliegt.
Mehr zum Beitritt zur «Allianz Gleichwürdig Katholisch»
Mehr zur Wahl von Claudia Nuber als erste Leiterin der Hofpfarrei
Wo können sich Betroffene melden?
Betroffene können sich bei der Opferhilfe Schweiz melden.
Prävention: Hohe Standards im Personalwesen
Unendlich lang ist die Liste der Aktivitäten aller Mitarbeiter:innen und freiwillig Engagierten, die sich durchs ganze Jahr für ein erfülltes Leben, für Solidarität und im Rahmen des «Grünen Güggel» für die Natur einsetzen. «Missbrauch und Vertuschung haben bei uns keinen Platz – weder sexuell noch spirituell – und deshalb werden seit vielen Jahren konsequent Präventionsmassnahmen umgesetzt», hält Thomas Lang fest. «Menschen sollen sich autonom fühlen, ihren Glauben in Freiheit leben. Wir wollen sie nicht auf irgendeine Spur bringen.»
Und weiter: «Wir leben eine offene und glaubwürdige Kirche auf Basis von bestehenden und nachgewiesen professionellen Standards im Umgang mit Nähe und Distanz. Dies beginnt beim Bewerbungsgespräch, wo ein Strafregisterauszug seit Jahren zum Standard gehört. Das korrekte Verhalten wird über Pflicht-Weiterbildungen eingeübt und jährlich systematisch im Mitarbeiter:innen-Gespräch thematisiert. Wir pflegen eine Kultur, in der wir uns darüber austauschen, was gelingende Beziehungen ermöglicht.»
Abschliessend meint er: «Unser Ziel ist und bleibt, dass uns die Menschen als Lichtblick in ihrem Leben erfahren.»
Lest hier das Interview mit Thomas Lang zum Thema «Nähe und Distanz»
Haltung zeigen
Haltung zeigen heisst auch, für den synodalen Weg einzustehen. Das bedeutet, gemeinsam einen Weg für die Erneuerung der Kirche zu suchen.
Letztes Jahr sind 1518 Mitglieder aus der Katholischen Kirchgemeinde Luzern ausgetreten. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Das Ausmass sexualisierter Gewalt hat den Vertrauensverlust gegenüber der Kirche verstärkt. Viele sind in den Rückzug gegangen, weil sie von der Kirche enttäuscht sind oder mit ihr nichts mehr anfangen können.
Es ist nötig, die Schuld, welche die Kirche auf sich geladen hat, einzugestehen und deren strukturelle Ursachen konsequent aufzuarbeiten.
Als Katholische Kirche Stadt Luzern leben wir eine offene Kirche und verpflichten uns unserem progressiv-werthaltigen Leitbild. Wir verstehen die Kirche als Gemeinschaft von Gläubigen, die sich für Menschlichkeit und die Bedürfnisse von Bedrängten und Bedürftigen, für eine diskriminierungsfreie und menschengerechte Haltung, für Gerechtigkeit und Frieden einsetzt.
Kommen Sie mit uns auf den Weg der Erneuerung!
Susanna Bertschmann
Kirchenratspräsidentin