«Bibel des Monats Mai»: Byzantinischer Text Deutsch. Die Evangelien.

Die Bibel ist zwar die Grundlage des Christentums, aber jede Konfession hat bei ihrer Bibelausgabe Eigenheiten. So auch diese Ausgabe der vier Evangelien für die deutschsprachigen orthodoxen Kirchen.
Dunkelroter Buchtitel des "Byzantinischen Textes Deutsch" der Evangelien

Das Spezifische dieser Übersetzung der Evangelien für die deutschsprachigen orthodoxen Kirchen ist, dass sie als Grundlage einen anderen Text nimmt, als es in den westkirchlichen Kirchen üblich ist. Protestanten und später auch Katholiken gehen seit Anfang des 20. Jahrhunderts von einer wissenschaftlichen Kompilation des griechischen Texts aus verschiedenen Handschriften aus. Die Orthodoxie pflegt den aus ihrer liturgischen Tradition kommenden akzeptierten Text, der als sogenannter «byzantinischer Text» 1904/1912 zusammengestellt wurde.  

Wozu eine weitere Übersetzung der neutestamentlichen Schriften?

Diese Frage stellt Erzbischof Mark von Berlin und Deutschland in seinem Geleitwort zu der vorliegenden Ausgabe. Er antwortet selbst:

«Zum einen bietet der hier dargebotene Text jene Lesarten, welche üblicherweise unter der Bezeichnung «byzantinischer Text» oder «Mehrheitstext» im Fussnotenapparat kritischer Bibelausgaben versteckt sind und so bislang im Westen einer breiteren Leserschaft vorenthalten wurden, welche aber gleichzeitig in der orthodoxen Welt seit Jahrhunderten geläufig sind – im gottesdienstlichen Gebrauch wie auch in allen anderen Bereichen der Rezeptionsgeschichte. Da die Bibel nach orthodoxem Verständnis nicht ihren Autoren gehört, sondern der Kirche, und diese als Hüterin und Auslegerin, ja letztlich auch als Verfasserin zu gelten hat, spielt der kirchliche Textus Receptus auch heute noch eine massgebende Rolle. Er und nicht ein textkritisch herausgeschälter «Urtext» darf und sollte auch Grundlage des Schriftstudiums für jeden orthodoxen Christen (und Christin, ergänzt durch Winfried Bader) sein.»

Wie übersetzt die vorliegende Übersetzung?

Die «Einführung in die Übersetzung» im Anhang der Ausgabe des Byzantinischen Textes Deutsch (BTD) schreibt:

«Die Übersetzung BTD ist textnah und berücksichtigt in ihrer Konkordanz die Psalmen und liturgisch bedeutenden Texten des AT. Es wurde darauf geachtet, dass die Texte laut gelesen werden können. Die Konkordanz betrifft auch Übersetzungen, die von der Liturgiekommission der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland erstellt wurden. In einem Fall haben wir eine neue Wortbildung vorgenommen. Das griechische Wort «metanoeoo» in seinen verschiedenen Ableitungen wird mit «umgeisten» wiedergegeben. Die herkömmlichen Übersetzungen wie «umkehren», «Busse tun», «bereuen» sind nur Teilaspekte der griechischen Wortbedeutung, die weit darüber hinausgeht und den Prozess beschreibt, der durch die Transformation des gesamten Menschseins auf Gott hin in der Vergöttlichung mündet.»

Warum gibt die Schweizer Bibelgesellschaft diese Evangelien heraus?

Im Vorwort bringt die Schweizer Bibelgesellschaft (SB) die Hoffnung zum Ausdruck, dass die BTD auch nichtorthodoxen Leser:innen einen neuen Blick auf vielleicht wohlbekannte Texte eröffnet: «Mit BTD wird die Vision der Schweizerischen Bibelgesellschaft weiter Realität: Menschen finden leichten Zugang zur Bibel und können diese in der Sprache des Herzens lesen; der Dienst an den Kirchen erfährt Erweiterung.»

In dem Vorwort zu seiner Ausgabe des griechischen Patriarchatstextes 1904/1912 schreibt Vasileios Anatoniades: «In den Händen der Menschen, und besonders, weil es ein erster Versuch ist, wird diese Ausgabe ihr eigenes Schicksal erleiden. Aber das Wort Gottes ist nicht an menschliche Unvollkommenheiten gebunden, «denn es ist die Kraft Gottes zur Errettung für jeden, der glaubt».»

Dies gilt für diese Ausgabe des «Byzantinischen Textes Deutsch» wie auch für alle anderen Übersetzungen, die hier als Bibel des Monats schon vorgestellt wurden und noch vorgestellt werden.

Winfried Bader

 

Die im Studiolo der Peterskapelle gezeigte Bibelausgabe ist Teil der Bibelsammlung von Winfried Bader im Schauraum Hallwilerweg 6 in Luzern.
Eine Besichtigung der Bibelsammlung für einzelne oder kleine Gruppen auf Anfrage.
Für Gruppen von 4-8 Personen wird auf Anfrage auch ein Event «Whisky&Bible» angeboten.

Auskünfte zu Besichtigung und Event per Email: winfried.bader@remove-this.bibelwerk.ch

«Bibel des Monats» ist eine Kooperation der Peterskapelle Luzern mit dem Schweizerischem Katholischen Bibelwerk in Zürich.

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